Alltagsnotizen einer Lokaljournalistin
19. April 2024
Ja, ich mache das beruflich!
Gerade komme ich von einem Pressegespräch mit einem älteren Ehepaar, das mich gefragt hat, wie lange ich schon für die Zeitung
schreibe und dass das doch ein schöner Beruf sei. Leider gibt es nicht nur solche netten Reaktionen, sondern auch abwertende.
Ich muss mich so oft verteidigen bzw. rechtfertigen. Fragen und Sprüche wie "kannst du davon denn leben?" oder "Sie schreiben hin und wieder mal einen Artikel, da könnten Sie doch wohl
ehrenamtlich auch das und das machen!" oder "arbeitest du da denn Vollzeit?" oder "was machen Sie denn (sonst) beruflich?" kommen leider sehr oft vor, und mich trifft das sehr.
Ich denke dann immer, Menschen, die irgendwo fest angestellt sind, werden das wohl nicht gefragt.
Auch sehr schön: Bereits mindestens dreimal bin ich von Vereinen/Verbänden gefragt worden, ob ich deren Pressearbeit machen könnte - ehrenamtlich, versteht sich. Schließlich "machen wir unsere
Arbeit ja auch ehrenamtlich".
27. Oktober 2023
Hallo lieber Christoph?! Christian?!
Ein Kollege hat mir neulich erzählt, dass er von einer Dame, mit der er erst vor zwei Monaten ein Interview hatte, erneut angeschrieben worden ist, und zwar mit der Begrüßung „Hallo lieber Christoph?! Christian?!“ Puh, das geht mal gar nicht!
Wir Lokaljournalisten arbeiten dafür, dass wir euch groß rausbringen. Dass wir nicht im Vordergrund stehen, das sind wir gewohnt. Aber so viel Respekt, dass ihr euch wenigstens an unseren Namen erinnert, das dürfen wir dennoch erwarten. Und ja: Es gibt Menschen, die kein gutes Namensgedächtnis haben. Aber dann guckt doch bitte nach, wer den Radiobeitrag oder Zeitungsartikel erstellt hat – unser Name taucht da nämlich auch auf. Zwar nicht so oft wie eurer, schließlich geht es um euch, aber wenigstens einmal, nämlich als Verfasser. Und wenn selbst das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, dann schreibt wenigstens etwas Neutrales wie „Hallo“ oder „liebes Redaktionsteam“ oder Ähnliches.
Denn, liebe Manuela?! oder Michaela?!, das mögen wir gar nicht, so x-beliebig angeschrieben zu werden. Dann haben wir auch keine Lust mehr, über euch wertschätzend zu berichten.
Beste Grüße von Christiane, der Kollegin von Christoph?! oder Christian?!
Ps.: Er heißt übrigens weder Christoph noch Christian - noch nicht einmal so ähnlich!
19. Oktober 2023
My Generation
Ich hatte gestern einen Interviewtermin. Auf dem Weg dorthin stand ich sehr lange in einer Baustelle, so dass ich den Interviewpartner anrufen musste, um
ihn über meine Verspätung zu informieren. Es handelte sich um den Geschäftsführer einer Firma mit Doktortitel. Ich dachte "hoffentlich ist der jetzt nicht mucksch". Als ich aufgelegt hatte,
dachte ich: "Vielleicht ist der ja gar nicht so viel älter als du".
Irgendwie gehe ich bei Geschäftsführern etc. meistens davon aus, dass es sich um "graue Eminenzen" handelt, furchtbar respekteinflößende Menschen. Als ich dann endlich vor Ort war, stellte ich
schnell fest, dass mein Interviewpartner sehr freundlich war. Mitten Gespräch sagte ich: "Ich kenne Sie. Ich stelle Sie mir gerade ohne Bart vor, und ich glaube, Sie waren früher auf jeder Fete
anzutreffen." Er musste laut lachen und bestätigte: "keine Fete ohne mich, stimmt!", und anschließend fielen uns jede Menge gemeinsamer Bekannte ein. Spätestens in dem Moment wurde mir klar: Auch
Geschäftsführer können meiner Generation entspringen und sehr nett sein - sogar mit Doktortitel!
18. Oktober 2023
Der Kommunikationshexenkessel
Kennt ihr den Kommunikationshexenkessel?
Ich möchte einen Interviewtermin ausmachen. Ich wähle die angegebene Mobilnummer. Dort hinterliegt eine Sprachnachricht mit der Bitte, dass ich entweder eine Whatsapp oder eine E-Mail schicken
soll. Ich schicke eine E-Mail mit der Bitte, ob wir wegen eines Termins telefonieren können. Ich werde gebeten, eine Whatsapp zu schicken. Was zum Henker?
Wozu ist das gut? Warum nutzen manche Menschen die Kommunikationsmittel eher als Abwehrmittel denn als Kontaktaufnahmemöglichkeiten? Das führt doch nur zu Verdruss und Zeitverschwendung.
Naja, ich werde es schon hinbekommen, einen Termin zu vereinbaren - und sei es, indem ich ein singendes Telegramm verschicke!
28. September 2023
Wann, Wo, Wer, Wie, Was und Warum
Im Lokaljournalismus sind das Wann, Wo, Wer, Wie, Was und Warum unabdinglich. Auch schon bei der Terminabsprache. Ich hatte heute den Auftrag, über eine
Spendenübergabe für eine gemeinnützige Organisation zu berichten. Ein Kindergarten hatte Geld gesammelt. Ich war davon ausgegangen, da mir keine anderweitigen Angaben vorlagen, dass die
Spendenübergabe in eben jener gemeinnützigen Organisation stattfinden würde. Aber Pustekuchen! Dort wusste man lediglich, dass es eine Spendenübergabe geben sollte - in einem Kindergarten. Aber
in welchem? Tja... Erreichen konnte ich direkt niemanden, der involviert war. Also habe ich eine E-Mail abgesetzt und habe zwischendurch meine Einkäufe erledigt. Schließlich trudelte die
Nachricht mit dem genauen Kindergarten ein.
Das war mir bislang auch noch nicht passiert. Die Moral von der Geschicht: Vergiss das Wann, Wo, Wer, Wie, Was und Warum niemals nicht, wenn du die Lokalpresse einlädst!